Dankbarkeit als Weg zum persönlichen Glück

© Daniela Blickhan

Philosophen, Schriftsteller und Großmütter empfehlen uns, dankbar zu sein, das Positive zu sehen und abends den Tag mit einem positiven Rückblick ausklingen zu lassen. Was hat das mit moderner Psychologie zu tun?

Eine Eigenschaft unserer Gefühle ist, dass manche davon nicht miteinander vereinbar sind. Wir können uns zum Beispiel nicht gleichzeitig wütend und glücklich fühlen. Dankbarkeit ist deshalb ein effektives Gegenmittel für negative Gefühle wie zum Beispiel Ärger, Neid, Feindseligkeit, Groll und Sorge. Wer mehr Gelegenheiten für das Gefühl der Dankbarkeit im Alltag finden kann, der wird weniger dieser negativen Gefühle erleben.

„Dankbarkeit ist das Gefühl des Staunens und der Feier des Lebens“, so formuliert es Robert Emmons, führender Forscher zu Dankbarkeit (Handbook of Positive Psychology 2002). Dankbarkeit tut uns gut, unabhängig davon, woher sie kommt. Ob wir einem anderen Menschen dankbar sind, dem Schicksal oder einer höheren Macht - die Wirkung ist immer positiv: Dankbare Menschen sind glücklicher, optimistischer, hilfsbereiter und einfühlsamer.

Sonja Lyubomirsky nennt in ihrem Buch „Glücklich sein“ (Campus 2008) mehrere Gründe, warum Dankbarkeit langfristig glücklicher macht: Wer dankbar ist, kann positive Erfahrungen mehr genießen und erlebt weniger negative Gefühle wie Ärger, Eifersucht oder Schuld. Das Selbstwertgefühl steigt und man kann leichter mit Belastungen umgehen. Wer dankbar ist, verhält sich hilfsbereiter, und das wiederum stärkt die sozialen Beziehungen - übrigens sogar dann wenn man die Dankbarkeit nicht zum Ausdruck bringt, sondern nur darüber nachdenkt bzw. schreibt.

Dankbarkeit und Wohlbefinden

Ist Dankbarkeit Ursache oder Wirkung? Dieser Frage ging Robert Emmons 2003 in einer Reihe von Studien nach.

Wissenschaftliche Experimente umfassen immer eine oder mehrere Versuchsgruppen und eine Kontrollgruppe.

Studie 1

  • Emmons‘ Versuchsgruppe in sollte 10 Wochen lang abends fünf Dinge notieren, für die sie dankbar waren.
  • Eine zweite Versuchsgruppe schrieb über fünf Ärgernisse des Tages.
  • Die Kontrollgruppe notierte fünf wichtige Dinge, die an diesem Tag geschehen waren.

Das Ergebnis: Die Teilnehmer der Dankbarkeitsgruppe waren optimistischer und zufriedener mit ihrem Leben. Zudem gesünder: sie litten weniger unter Kopfschmerzen, Husten oder Schwindel. Und sie trieben mehr Sport.

Studie 2

In einer weiteren Studie mit Erwachsenen, die unter chronischen Krankheiten litten, und ebenfalls sogenannte „Dankbarkeits-Tage“ ein- führten, zeigte sich ein ähnlicher Effekt: Die Teilnehmer der Dankbarkeitsgruppe erlebten nicht nur mehr positive Gefühle (Interesse, Begeisterung, Freude, Stolz), sondern sie fühlten sich sozial verbundener und schliefen besser.

Studie 3

Anscheinend trägt Dankbarkeit also wesentlich zum Wohlbefinden und zur Gesundheit bei. Doch wie ist das auf lange Sicht? Nutzt sich der Effekt irgendwann ab? Um das herauszufinden, variierten die Forscher bei der Übung die Häufigkeit der Aktivitäten. Die Teilnehmer sollten abends in ihr Tagebuch fünf Dinge notieren, die an diesem Tag geschehen waren, und für die sie dankbar waren.

Das Experiment lief über sechs Wochen; eine Gruppe schrieb nur einmal pro Woche, und zwar immer am Sonntagabend als Rückschau auf die vergangene Woche.

Die zweite Gruppe schrieb dreimal pro Woche: am Dienstag, am Donnerstag und am Sonntag. Bei den Teilnehmern beider Gruppen konnte kurz- fristig ein deutlicher Anstieg an Gefühlen von Dankbarkeit und Wertschätzung gemessen werden. Doch nur bei einer Gruppe änderte sich das Glücksniveau nachhaltig: die Teilnehmer die einmal pro Woche in ihr Dankbarkeitsbuch schrieben, waren langfristig glücklicher. Die Forscher vermuten, dass die Übung eher zur mechanisch ausgeführten Aufgabe wird, wenn man sie zu oft macht.

Dankbarkeit und Positive PsychologieDankbarkeit und die Wahrnehmung des Schönen im Alltag

Interessant ist hier der Vergleich des Positiven Tagesrückblicks mit der Übung „Wofür bin ich dankbar?“. Ein positiver Tagesrückblick besteht darin, dass Sie sich abends Zeit nehmen, und sich überlegen, was Sie an diesem Tag Schönes erlebt haben. In einem zweiten Schritt stellen Sie sich dann die Frage: „Wie habe ich dazu beigetragen, dass ich das als positiv erlebt habe?“ Damit fällt Ihnen dann zum Beispiel auf, dass ein positives Ereignis wie „Heute war schönes Wetter“ erst positiv wird, weil Sie sich in der Mittagspause Zeit genommen hat, um die Nase in die Sonne zu halten und die Wärme zu genießen. Und das macht zufrieden.

Der positive Tagesrückblick in dieser Form wird als tägliches Abendritual empfohlen, weil Sie damit Ihre Wahrnehmung schon tagsüber auf die Wahrnehmung positiver Ereignisse ausrichten. „Das ist jetzt gerade schön – ach, daran werde ich mich heute Abend in meinem Tagesrückblick erinnern!“ Und schon profitieren Sie zweimal vom angenehmen Erlebnis.

Die Übung „Wofür bin ich dankbar?“ kann den positiven Tagesrückblick ergänzen, indem Sie sich einfach einmal pro Woche ausdrücklich darauf konzentrieren, wofür oder wem Sie in den letzten Tagen dankbar sind.